Hofläden und Direktvermarkter sind systemrelevant

Die Landwirtschaft steckt schon länger in der Krise. Und nun auch noch Corona. Welche Auswirkung hat die Pandemie für die bäuerliche Landwirtschaft und welche Rolle spielen Hofläden bei der Versorgung der Bevölkerung? Ein Gespräch über Risiken und Chancen mit dem Vorsitzenden der Nordbauern Ernst Schuster.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie für die bäuerliche Landwirtschaft?

Es fühlt sich zurzeit an wie eine Art Lähmung. Natürlich gehen die Arbeiten an den Obstkulturen weiter, auch der Hofladen hat weiterhin geöffnet, aber alle Verabredungen, Veranstaltungen, Besprechungstermine und ähnliches liegen erst einmal auf Eis.

Die Landwirtschaft klagt über nun fehlende Erntehelfer aus dem Ausland. Auch ein Problem für die Nordbauern?

Es beginnen jetzt wichtige Frühjahrsarbeiten, da kommt es bei einigen Betrieben schon zu Engpässen, wenn keine osteuropäischen Erntehelfer einreisen können. Vielen fehlt es aber, wie auch schon vor der Corona Krise, an qualifizierten Kräften. Die Arbeit als Erntehelfer gilt in unserer modernen Gesellschaft nicht als besonders „sexy“! Aber das gilt ja auch für unsere Pflegekräfte und Krankenschwestern. Jetzt sind sie auf einmal „systemrelevant“. Ist die Arbeit in der Landwirtschaft auch. Wenn die Krise überwunden ist, hoffe ich, dass diese Arbeit für die Gesellschaft mehr Wertschätzung, auch in Form der Entlohnung, erfährt. Damit wir das können, müssten aber auch die Erlöse für unsere Produkte steigen.

Braucht die bäuerliche Landwirtschaft spezielle Hilfen?

Das ist zurzeit noch nicht abzusehen. Aber viele Direktvermarkter, die sich auf die Belieferung von Gastronomie und Hotellerie spezialisiert haben, kämpfen nun mit erheblichen Auftragsausfällen.

Die meisten Nordbauern sind Direktvermarkter, viele haben Hofläden. Wie sind Ihre Erfahrungen in Corona Zeiten?

Wir merken schon einen leichten Nachfrageschub. Extreme wie Hamsterkäufe sind bei uns zum Glück noch nicht vorgekommen. Natürlich achten alle darauf, dass ausreichend Abstand zwischen Bedienung und Kunden eingehalten wird, auch betreten die Kunden den Laden immer nur einzeln. Kunden und Personal haben unterschiedliche Zugänge zum Laden, so dass Übertragungswege praktisch ausgeschlossen werden. In diesen Zeiten wird klar: Hofläden sind systemrelevant, besonders für die Versorgung auf dem Lande.

Wie kann man die Nordbauern unterstützen?

Der Einkauf in unseren Hofläden ist natürlich die effektivste Unterstützung für den Erhalt der Betriebe. Natürlich kann der Verein auch über eine Verbraucher-mitgliedschaft für 50,00 € im Jahr in seinen Aktivitäten unterstützt werden. Unsere für den Juni geplante Besichtigungstour zu Betrieben an der dänischen Grenze, zu der wir alle unsere Mitglieder einladen, müssen wir nun aber leider verschieben.

Was glauben Sie, welche Folgen wird die Corona-Krise langfristig für die bäuerliche Landwirtschaft haben?

Sicher wird durch diese Krise die Sensibilität unserer globalisierten Wirtschaftskreisläufe stärker in das Bewusstsein der Menschen gerückt. Der Angst vor Versorgungsengpässen kann durch eine sinnvoll strukturierte Landwirtschaft entgegengewirkt werden. Vorschläge dazu wurden von uns gemacht. Die Krise ist aber auch eine Aufforderung an uns als Direktvermarkter das Serviceangebot für unsere Kunden weiter zu verbessern. Ich denke hier an Lösungen, die es Menschen ermöglichen digital einzukaufen und zu bezahlen und die gebündelte Ware dann im Hofladen zu übergeben.

(Das Gespräch führte Jens Mecklenburg für Nordische Esskultur)